Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
Wählen Sie auf der Karte einen Ort aus oder Navigieren Sie über die unten stehende Chronologie
An der Stelle, an der heute das prächtige, zwischen 1572 und 1575 errichtete Renaissanceschloss Annaburg steht, befand sich einst ein Jagdschloss Friedrich des Weisen. Der Kurfürst verbrachte viel Zeit auf der Lochau, wie das Schloss damals hieß. Hier ist er im Mai 1525 gestorben. Georg Spalatin, der Geheimsekretär des Kurfürsten, lebte für längere Perioden in der Lochau und auch Martin Luther besuchte diesen Ort oft. Im Juli 1525 verfasste der Reformator hier gereimte Verse, um seinen Landesherren zu rühmen.
Mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen war Luther in Konflikt mit dem Papsttum geraten. Der Ketzerei beschuldigt und mit Tod, Inhaftierung und Verbannung bedroht, musste er seine theologischen Positionen mehrfach und an unterschiedlichen Orten in Verhören und Streitgesprächen verteidigen.
So reiste Luther im Oktober 1518 nach Augsburg, um dort drei Tage lang mit dem päpstlichen Gesandten Thomas Cajetan zu diskutieren. Geradezu legendär ist die akademische Disputation zwischen Luther und dem Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck im Juli 1519 auf der Pleißenburg in Leipzig. Eck hatte geschickt von der Ablassproblematik abgelenkt und in der Debatte konsequent auf grundsätzliche Fragen der Rechtmäßigkeit des Papsttums zugespitzt. Luther unterlag, doch bewirkte die Leipziger Disputation einen inneren Klärungsprozess und sie bestärkte ihn später in seiner Kirchenkritik, die fortan nur noch die Bibel als alleinige Autorität anerkannte. Versuche des von Rom entsandten Diplomaten Karl von Miltitz, in der Luthersache zwischen Papst Leo X. und Kurfürst Friedrich dem Weisen zu vermitteln, liefen ins Leere. Daran konnten auch persönliche Gespräche zwischen Luther und von Miltitz nichts ändern. Eine dieser Unterredungen fand im Oktober 1519 in Liebenwerda statt. Auf seiner Hin- und Rückreise machte Luther in Lochau Station, um sich im Jagdschloss des Kurfürsten mit dessen Beratern zu verständigen.
Ursprünglich hatte sich an der Stelle der Lochau eine vermutlich im 13. Jahrhundert errichtete Burg der Wittenberger Askanier befunden. Diese fiel 1422 einem Brand zum Opfer. Nach dem Friedrich der Weise im Jahr 1486 Kurfürst geworden war, baute er die Lochau zu einem prächtigen Jagdschloss aus, in dem er in seinen letzten Lebensjahren viel Zeit verbrachte. Der reiche Wildbestand in der umliegenden Lochauer Heide machte das Schloss zu seinem Lieblingssitz. An der Innenausstattung hatte der Maler Lucas Cranach d.Ä. mitgewirkt. Fast 400 Hirschgeweihe schmückten die Räume. Im Schloss gab es über 120 Betten, in denen die Gäste des Kurfürsten übernachteten. Die weitläufigen Gärten und Gehege, in denen auch zahme Wildtiere gehalten wurden, waren von einer sieben Kilometer langen Mauer umgeben.
Zwischen 1519 und 1538 weilte Luther mindestens zwölf Mal in Lochau. Er war an der Kirchenvisitation beteiligt, predigte in der hiesigen Pfarrkirche und besuchte im Oktober 1533 seinen Freund, den Pfarrer Michael Stifel, um diesen von seiner Vorhersage des Weltuntergangs abzuhalten. Nachdem der Kurfürst am 5. Mai 1525 in Lochau gestorben war, verfasste Luther, wie uns Spalatin berichtet, am 9. Juli 1525 in der „grün stuben“ des Schlosses gereimte Verse auf Friedlich den Weisen, in denen er die Vernunft und Geduld des Kurfürsten in landespolitischen Fragen rühmte. Lucas Cranach d.Ä. schmückte mit diesen Versen zahlreiche Gedächtnisportraits Friedrichs des Weisen.
Das Jagdschloss Lochau ist nicht mehr vorhanden. Auf seinen Grundmauern und wohl auch unter Verwendung des alten Materials ließ Kurfürst August zwischen 1572 und 1575 für seine Frau Anna, Prinzessin von Dänemark und Norwegen, ein vierflügeliges Wasserschloss erbauen, das zu Ehren der kurfürstlichen Gemahlin nun Annaburg hieß. Der Ort Lochau brannte 1573 nieder und wurde beim Wiederaufbau näher an das Schloss herangelegt. Dabei ging der Name Annaburg auf die Ortschaft über.
Wie das Schloss Lochau einmal aussah, lässt sich auf dem Holzschnitt „Die Hirschjagd“ von Lucas Cranach d.Ä. (um 1506) erahnen. Möglicherweise hat Cranach die Lochau auch auf dem Holzschnitt „Vier Heilige beten den gekreuzigten Jesus in einem heiligen Kreuz an“ (1505) dargestellt.
Luthers Verse auf Kurfürst Friedrich den Weisen, verfasst am 9. Juli 1525 in der „Grünen Stube“ des Jagdschlosses Lochau:
Fridrich bin ich billich genant
Schonen fride erhielt ich im landt
Durch gros vernunfft, gedült und gluck
Wider manchen ertzbosen Druck
Das land ziret ich mit bauwerk
Und stifft dy schul zu Wittembergk
Da selbest aus kam gottes wort,
Das gros ding thet an manchem ort.
Das bebstlich reich sturtzt es nider
Und bracht rechten glauben wider.
Keiser karl ich treulich welt
Von den mich nit want gunst noch gelt.
Zum keiser ward erkorn ich,
Des meins alter beschweret sich.
Quelle: Ingetraut Ludolphy: Friedrich der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463–1525. Leipzig 2006, S. 19.
Geschichte vom zahmen Hirsch in Lochau
„Zur Locha bey Wittenberg“, sagte Philipp Melanchthon ein Mal zu D. L. uber Tisch, „da hats ein Hirsch im Flecken gehabt, der war zahm gewesen und alle Jahr im Monat September in den Wald in der Hirschbrunst gelaufen, und im Octobre wieder heim kommen, und das ganze Jahr uber sonst im Städtlein geblieben. Dieses hat er viel Jahr getan. Aber im 1525. Jahre da ist Kurfürst Friedrich gestorben, da ist der Hirsch wegkommen und nicht mehr gesehen worden; denn weil er seinen Herrn verloren hatte, so hat er bey einem neuen und andern Hern nicht bleiben wollen.“
Quelle: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Tischreden, 1. Band. Weimar 1912, S. 14 f.
Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege Annaburg. Jagdschloß Annaburg. Eine geschichtliche Wanderung. Horb am Neckar 1994.
Stephan Hoppe: Anatomy of an Early „Villa“ in Central Europe. The Schloss and Garden of the Saxon Elector Frederick the Wise in Lochau (Annaburg) according to the 1519 Report of Hans Herzheimer, in: Monique Chatenet (Hrsg.): Maison des champ dans l’Èurope de la Renaissance. Paris 2006, S. 159-170.
Ingetraut Ludolphy: Friedrich der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463–1525. Leipzig 2006.
Armin Kohnle / Uwe Schirmer (Hrsg.): Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur und Reformation [Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, Bd. 40]. Stuttgart 2015.
Öffnungszeiten:
April bis Oktober
Dienstag: 10.00 bis 12.00 Uhr
Freitag: 11.00 bis 14.00 Uhr
Samstag: 14.00 bis 17.00 Uhr
Sonntag: 14.00 bis 16.00 Uhr
(jedes 1. Wochenende im Monat geschlossen)
Eine Besichtigung ist auch nach Vereinbarung möglich.
Kontakt:
Stadtbibliothek Annaburg
Markt 2
06925 Annaburg
Tel.: 035385 / 21205 oder 035385 / 7020
E-Mail: stadt@annaburg.de
Internet: www.annaburg.de