Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
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Etwa 4,5 Kilometer östlich vom Stadtzentrum Wittenbergs entfernt, befindet sich ein Restaurant mit dem Namen „Lutherʼs Brunnen“. Das Lokal, von dessen Terrasse man einen wunderbaren Blick auf die Elbwiesen genießen kann, ist vom Wittenberger Marktplatz zu Fuß in gut einer Stunde zu erreichen. Im rechten Teil des Gebäudes verbirgt sich eine Quelle, die Martin Luther 1521 auf einem seiner Spaziergänge entdeckt und danach oft mit seinen Freunden und Studenten besucht haben soll. Anlässlich des 200. Jahrestages der Reformation 1717 wurde über der Quelle ein Haus errichtet. Zwei Inschriftentafeln über der Eingangstür zum Brunnen berichten davon.
Die Information, Martin Luther habe hier 1521 eine Quelle entdeckt, geht auf Balthasar Menz d. J. zurück, der darüber 1604 in seiner lateinischen Schrift „Syntagma Epitaphorum“ berichtete. Der Wahrheitsgehalt seiner Aussagen lässt sich heute freilich nicht mehr überprüfen. Auszuschließen ist jedoch nicht, dass der Reformator diese Stelle zumindest passiert hat, denn die nahe liegende Straße führt von Wittenberg in Richtung Südosten unter anderem nach Jessen, Schweinitz oder Annaburg – alles Orte die Luther des Öfteren besuchte.
Erst viel später, in den Jahren zwischen 1680 und 1690, wurde die Quelle mit Steinen umfasst und durch ein Eisengitter gesichert. Doch schon nach wenigen Jahre zeigten sich am einst idyllischen Ort Anzeichen des Verfalls. Friedrich August I. von Sachsen, auch August der Starke genannt, soll der Zustand des Brunnens missfallen haben, als er im Juli 1694 als neuer Kurfürst von Sachsen Wittenberg auf seiner Erbhuldigungsreise besuchte. Er forderte den Rat von Wittenberg auf, die Stätte zu erneuern. Dies geschah aber erst über 20 Jahre später. Den 200. Jahrestag der Reformation 1717 zum Anlass nehmend, wurde über der Quelle nun ein zweigeschossiges Haus errichtet, in dem künftig der Ratsförster wohnte. Der rund ummauerte Brunnenschacht erhielt den heute noch erhaltenen Überbau mit Kreuzgratgewölbe, was dem Ort einen kapellenartigen und damit sakralen Charakter verlieh. Wie sich anhand der überlieferten Gästebücher belegen lässt, war Luthersbrunnen im 19. Jahrhundert vor allem ein Ausflugsziel für die Angehörigen des 1817 gegründeten Predigerseminars, die damit an die studentische Tradition der Reformationszeit anknüpften.
Dass Luthersbrunnen aber auch schon im frühen 18. Jahrhundert als touristische Attraktion galt, zeigt der Besuch von Fürst Boris Ivanovic Kurakin, einem Schwager des Zaren Peter I. In seinem Reisetagebuch finden wir im September 1705 den folgenden Eintrag: „…und am Ufer des Flusses, eine halbe Werst [= ca. 500 m] von der Stadt entfernt, steht ein kleines steinernes Gewölbe, in dem er [Luther] studiert und seine Predigten verfasst haben soll. Durch das Gebäude verläuft eine Quelle, und man benutzt ihr Wasser, um sich von Krankheit zu befreien und trinkt es…“ Auch eine andere Beschreibung von Luthersbrunnen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts lobte die besondere Qualität des Wassers, „… weil es über eine halbe Meil-Weges […] durch den klaren Sand erstlich percoliret, von dem Salze durchläutert, durch allerhand Mineralien perfiliret, lieblich und nutzbar gemacht wird, ehe es in der Quelle emergiret, quillet und ausbricht…“
In den 1920er Jahren entstand im Brunnengebäude ein Gasthof, der damals zu den beliebtesten Ausflugslokalen Wittenbergs gehörte. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die auf dem Wittenberger Markt befindlichen Denkmäler Martin Luthers und Philipp Melanchthons auf der Terrasse von Luthersbrunnen abgestellt, um sie vor Schäden zu bewahren. Ab 1951 wurde das Gebäude als Jugendwerkhof genutzt. 1992 begann die Rekonstruktion des Anwesens, in dem sich heute wieder eine Gaststätte sowie Wohnungen befinden.