Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
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Friedrich der Weise wurde 1486 Kurfürst. Er ließ Wittenberg zu einer Residenz ausbauen. Anstelle der alten Wittenberger Burg entstand ab 1489 ein neues Renaissanceschloss. Der Bau der Schlosskirche begann 1496 und war 1509 vollendet. An die Tür der Schlosskirche, die zugleich Universitätskirche war, soll Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben. Im Siebenjährigen Krieg wurden Schloss und Schlosskirche 1760 zerstört. Die hölzerne Thesentür verbrannte. Deshalb stiftete Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1858 eine neue „Thesentür“ aus Bronze, die sich an der Nordseite der Kirche befindet. In der Schlosskirche fanden die Kurfürsten Friedrich der Weise und Johann der Beständige sowie die Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon ihre letzte Ruhestätte.
Der 88 Meter hohe Turm der Wittenberger Schlosskirche überragt alle anderen Gebäude der Stadt. Er ist der markanteste Punkt der Stadtsilhouette. Der Thesenanschlag Luthers an der Tür der Schlosskirche begründet ihre Bedeutung als Hauptdenkmal der Reformation. Heute zeigt sich das Gotteshaus als ein Bauwerk der Neogotik. Im Jahr 1885 begonnen, wurde die umgestaltete Kirche am 31. Oktober 1892 im Beisein Kaiser Wilhelms II. neu geweiht.
Ursprünglich geht die gesamte Schlossanlage auf eine Burg des 12. Jahrhunderts zurück. Im 14. Jahrhundert erfolgte ein repräsentativer Umbau mit Einrichtung einer Allerheiligenkapelle durch den ersten sächsischen Kurfürsten, den Askanier Rudolph I. Er begründete auch eine Reliquiensammlung, deren zentrales Stück ein Partikel der Dornenkrone Christi bildete.
Nach der Teilung des Wettinischen Herrschaftsgebietes in eine albertinische und ernestinische Linie 1485 gewann Wittenberg an Bedeutung, denn der seit 1486 regierende ernestinische Kurfürst Friedrich der Weise ließ hier eine neue Residenz entstehen. Am Platz der alten Burg veranlasste Friedrich den Bau eines repräsentativen Renaissanceschlosses, von dessen Pracht noch heute die beiden Wendelsteine zeugen. Die 1496 begonnene und 1503 geweihte Schlosskirche bildete die Nordseite der dreiflügeligen Schlossanlage und diente dem Kurfürst als Aufbewahrungsort seiner umfangreichen Reliquiensammlung. Diese wuchs in wenigen Jahren zu einer der größten nördlich der Alpen an und umfasste am Ende über 19.000 Einzelstücke.
Die älteste Ansicht der Kirche schuf Lucas Cranach d. Ä. für das „Wittenberger Heiltumsbuch“. Sie zeigt den gotischen Bau im Jahr seiner Fertigstellung 1509 mit Satteldach und Dachreiter. Die mit Maßwerk dekorierten hohen Spitzbogenfenster nehmen nahezu die kompletten Wände ein und ermöglichen einen guten Lichteinfall in das „Schatzgehäuse“. An die hölzerne Tür des Hauptportals in der Mitte der Fassade soll Martin Luther der Legende nach am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben. Ob dieses Ereignis tatsächlich stattfand, wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert.
Aber nicht nur wegen des Thesenanschlags nimmt die Schlosskirche einen bedeutenden Platz in der Reformationsgeschichte ein. Die Schlosskirche war seit 1507 auch Universitätskirche und Martin Luther hat in seiner Eigenschaft als Theologieprofessor oft in dieser Kirche gepredigt. Außerdem war die Schlosskirche der Ort, in dem die Wittenberger erstmals einen evangelischen Messgottesdienst feierten. 1508 war in Wittenberg eine neue Gottesdienstordnung beschlossen worden. Sie regelte, zu welcher Zeit und in welcher Kirche Gottesdienste stattfanden. Die Feiertage wurden dabei zwischen der Schlosskirche, der Stadtpfarrkirche St. Marien sowie den Klosterkirchen aufgeteilt. Für den Weihnachtsfeiertag war die Schlosskirche zuständig. Am 25. Dezember 1521 – Luther befand sich damals gerade auf der Wartburg – feierte der Archidiakon des Allerheiligenstiftes und Theologieprofessor Andreas Bodensein, genannt Karlstadt, in der Schlosskirche eine evangelische Messe mit dem Abendmahl in beiderlei Gestalt. Während seiner in Deutsch gehaltenen Predigt trug er ein Laiengewand. Augenzeugen berichteten, dass an der Messe 2000 Menschen teilnahmen, also fast die gesamte Einwohnerschaft Wittenbergs.
Schloss und Schlosskirche wurden im Siebenjährigen Krieg 1760 zerstört. Dabei verbrannte die hölzerne Tür des Hauptportales. Auch während der Befreiungskriege kam es 1814 zu Schäden an Schloss und Schlosskirche. Nachdem Wittenberg 1815 zu Preußen gekommen war, wurde das Schloss zu einer Kaserne umgebaut. Friedrich Wilhelm IV. von Preußen stiftete als Ersatz 1858 für die verbannte Tür, jene Bronzetür, die der Besucher heute noch an der Nordseite der Kirche als „Thesentür“ sieht.
Zum 500. Reformationsjubiläum wurde die 1996 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommene Kirche aufwendig restauriert und so erstrahlt das preußische Denkmal der Reformation wieder im Glanz des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Im Zuge der 2016 abgeschlossenen Restaurierung wurde ein neues Besucherzentrum geschaffen. Heute betritt man die Kirche über den Eingangsbereich im Innenhof des Schlosses.
Zu den historisch und künstlerisch bedeutendsten Denkmalen im Kirchenraum gehört das 1527 von Peter Vischer d. J. geschaffene Bronzeepitaph für Friedrich des Weisen, der 1525 in der Schlosskirche bestattet wurde. Auch Martin Luther, der am 18. Februar 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben starb wurde auf ausdrücklichen Wunsch von Kurfürst Johann Friedrich nicht in Eisleben, sondern in Wittenberg beerdigt. Am 22. Februar 1546 fand er in der Schlosskirche seine letzte Ruhestätte. Aufgrund der Niederlage der Ernestiner im Schmalkaldischen Krieg erreichte die 1548 in Erfurt gegossene Grabplatte nie Wittenberg, weshalb nur eine schlichte Bronzetafel das Grab des Reformators ziert. Bei der Bronzeplatte rechts neben der Emporentreppe handelt es sich um einen Nachguss aus dem Jahr 1892. Auch das Grab Philipp Melanchthons, des 1560 verstorbenen wichtigsten Mitstreiters Martin Luthers, befindet sich in der Schlosskirche.
Im Jahr 2017 zog das Evangelische Predigerseminar Wittenberg mit einer umfangreichen reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek ins Schloss. Damit sind nun die Ausbildung von Theologen, die Reformationsforschung und das Gedenken an den Thesenanschlag als Ausgangspunkt der Reformation auf einem gemeinsamen, geschichtsträchtigen Areal vereint.
Bernhard Gruhl: Die Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg, Regensburg 2016.
Helmar Junghans: Martin Luther und Wittenberg, München/Berlin 1996.
Natalie Krentz: Ritualwandel und Deutungshoheit. Die frühe Reformation in der Residenzstadt Wittenberg (1500-1553), Tübingen 2014.