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Sachsen-Anhalt

Luther war hier

BEKANNTE UND UNBEKANNTE LUTHER-ORTE IN SACHSEN-ANHALT

Von Annaburg bis Zerbst

luthers orte

Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.

Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.

„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.

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Schlossbezirk 1, 06905 Bad Schmiedeberg / OT Pretzsch

Pretzsch – Schloss der Familie Löser

Das Renaissanceschloss Pretzsch wurde zwischen 1571 und 1574 anstelle einer mittelalterlichen Burg erbaut, die hier schon seit dem 10. Jahrhundert den Übergang über die Elbe gesichert hatte. Burg und Schloss befanden sich bis 1647 im Besitz der Adelsfamilie Löser, die 1325 mit der Herrschaft Pretzsch belehnt worden war und für Jahrhunderte das Amt der Erbmarschälle von Sachsen innehatten. Hans Löser (1482-1541) stand aufgrund seiner herausgehobenen Position nicht nur in engem Kontakt mit den sächsischen Kurfürsten. Er bekannte sich auch früh zur Reformation und war mit Martin Luther befreundet. Der Reformator hielt sich mehrfach in Pretzsch auf.

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Hans Löser hatte nach dem Tod seines Vaters Heinrich Löser 1493 als junger Knabe die Herrschaft Pretzsch mit 35 Dörfern und der dazugehörige Burg geerbt. Als Erbmarschall von Sachsen vertrat er die Landstände gegenüber dem Kurfürsten. Mit diesem Amt verbanden sich Privilegien wie besondere Jagdrechte; es brachte aber auch die Verpflichtung mit sich, an Reisen der Landesherren teilzunehmen und Kriegsdienste zu leisten. So begleitete Hans Löser Herzog Heinrich den Frommen 1498 zu einer Wallfahrt ins Heilige Land und 1503 nach Santiago de Compostela. Er weilte später am Hofe Kaiser Maximilians, kämpfte mit kaiserlichen Truppen 1507 gegen Venedig, 1512 bei Ravenna gegen Frankreich und beteiligte sich 1525 an der Niederschlagung des Bauernkrieges. Von 1536 bis 1541 diente er dem sächsischen Herzog und späteren Kurfürsten Moritz als Hofmeister in Freiberg.

Durch seine Funktion wird Hans Löser schon sehr früh auf die von Wittenberg ausgehende Reformation aufmerksam geworden sein. Wann genau er erstmals Kontakt zu Martin Luther hatte, kann nicht mehr festgestellt werden. Daran, dass das freundschaftliche Verhältnis der beiden sehr eng war, kann indes kein Zweifel bestehen. So widmete Luther seinem Freund Hans Löser die gedruckte Auslegung des „7. Kapitel Pauli“. In der Vorrede bezeichnete er seine Schrift als „Brautlied“, also als ein Hochzeitsgeschenk. Hans Löser hatte Luther im August 1523 nach langem Zögern versprochen, endlich in den ehelichen Stand zu treten, woran ihn der Reformator in seiner Widmungsvorrede – halb scherzhaft, halb ernst – erinnerte. Die Hochzeit zwischen Hans Löser und Ursula von Porzig fand dann aber erst im Dezember 1524 statt. Luther traute das Ehepaar in Gegenwart von Philipp Melanchthon, Nikolaus von Amsdorf und Justus Jonas in Pretzsch. Lösers Frau verstarb 1536. Vier Jahre später, im August 1540, heiratete er ein zweites Mal und es war wiederum Luther, der die Trauung vollzog.

Luther weilte oft als Gast Hans Lösers in Pretzsch. Im Dezember 1531 war er vom Schlossherrn zu einer Jagd eingeladen worden. Den Reformator plagten Kopfschmerzen und Schwachheit. Während Löser und die übrigen Gäste zur Jagd aufbrachen, blieb Luther auf dem Wagen zurück und schrieb eine Auslegung des 147. Psalms, die er Löser aus Verbundenheit und Dankbarkeit widmete: „Als ich nehest bey euch war / meines kopffs säusen und schwachheit / durch bewegung des leibs zu vertreiben / und yhr mir grosse ehre und freundschaft erzeigt auch mich auff ewr iaget furet / hielt ich auch auf dem wagen mein geistlich gejegt / und fieng an den 147. Psalm Lauda Jerusalem mit seiner auslegung / welchs mir denn die aller lustigsten gejegt und edlest wilt ist…“

Für den am 8. Juli 1532 geborenen Sohn Hans Lösers stand Luther am 15. Juli Pate. Bei dieser Gelegenheit predigte der Reformator über Psalm 65. Ein halbes Jahr später, am 29. Januar 1533, bat Luther in einem Brief seinen „gestrengen, ehrenfesten, lieben Herrn und Gevatter“, die Patenschaft für seinen gerade zur Welt gekommen Sohn Paul zu übernehmen. Löser sagte gern zu. Neben ihm waren unter anderem Herzog Johann Ernst, der jüngere Bruder des Kurfürsten Johann Friedrich, sowie Jonas und Melanchthon als Taufpaten anwesend.

Nach dem Tod Hans Löser 1541 ging die Herrschaft Pretzsch auf dessen gleichnamigen Sohn Hans Löser (1532-1580) über. Er wurde zunächst am Hof Kurfürst Johann Friedrichs in Torgau und Wittenberg erzogen und stand später im Dienst der Kurfürsten Moritz und August. Unter ihm wurde ab 1571 das heute noch vorhandene Schloss erbaut. Die Ausstattung der Renaissancezeit ist jedoch weitestgehend verloren gegangen. Einzig der 2001 bei bauhistorischen Untersuchungen entdeckte reiche Bestand an bemalten Holzdecken vermittelt noch einen Eindruck von der einst prachtvollen Innengestaltung. Die Bemalungen entstanden um 1574 in der Wittenberger Werkstatt Lucas Cranachs d. J.

Der Dreißigjährige Krieg hatte fatale Folgen für die Familie Löser. Aufgrund von Plünderungen und Zerstörungen hoch verschuldet, musste das Schloss 1647 verkauft werden. 1689 gelangte es in den Besitz der sächsischen Kurfürsten. August der Starke schenkte das Schloss 1697 schließlich seiner Gemahlin Christiane Eberhardine, die hier ab 1701 regelmäßig die Sommermonate verbrachte und von 1721 bis zu ihrem Tod 1727 dauerhaft in Pretzsch lebte.

Quellentexte

Luthers Brief an den kurfürstlichen Erbmarschall Hans Löser vom 29. Januar 1533 mit der Bitte, Löser möge Pate von Luthers gerade geborenem Sohn Paul werden

Dem gestrengen, ehrenvesten Hans Lösern, Erbmarschalln zu Sachsen, meinen gunstigen Herren und freundlichen lieben Gevatter.

Gnad und Fried in Christo! Gestrenger, ehrenverster, lieber Herr und Gevatter!

Wie ich nächst gebeten, so bitte ich abermals umb unsers Herrn Christi willen, Euer Gestrengen wollen sich demütigen Gott zu ehren und meinem jungen Sohn, den mir diese Nacht Gott bescheret hat von meiner lieben Käten, förderlich und hülflich erscheinen, damit er aus der alten Art Adams zur Wiedergeburt Christi durch das heilige Sacrament der Taufe komme und ein Glied der heiligen Christenheit werden möchte, ob vielleicht Gott der Herr einen neuen Feind des Papstes und Türkens an ihm erziehen wollte. Ich wollte ihn gern umb Vesperzeit lassen taufen, auf daß er nicht länger ein Heide bliebe und ich desto sicherer würde. Euer Gestrenger wolle sich unbeschweret hereinfinden und solch Opfer Gott zu Lobe helfen vollbringen. Womit ichs wüßte zu verschulden, bin ich willig und bereit. Hiermit Gott sambt den eurigen befohlen. Amen. In der Nacht umb 1 Uhr Mittwichs nach S. Pauli Anno 1533.

Euer Gestrenger williger Diener Martinus Luther

Quelle: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel, 6. Band. Weimar 1919, S. 425 f.


Literatur

Eberhard Dubrau: Die Freundschaft des Reformators Martin Luther zum Pretzscher Schlossherren Hans Löser. Pretzsch o. D.

Frank Heyder / Ulrike Siegel / Monika Thiel: Historische Bauforschung am Schloß Pretzsch/Elbe, in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 11 (2002), S. 239–273.

Mario Titze: Bemalte Holzbalkendecken aus der Cranachwerkstatt im Schloss Pretzsch an der Elbe, in: Heiner Lück u.a. (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Spuren Cranachs in Schloss und Stadt [Wittenberg-Forschungen, Bd. 3]. Petersberg 2015, S. 295–300.


Öffnungszeiten

Öffnungszeiten

Schloss Pretzsch wird als Kinder- und Jugendheim genutzt. Es befindet sich in Trägerschaft der Salus gGmbH, einer gemeinnützigen Betreibergesellschaft für soziale Einrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt. Sie möchte das Schloss für die breite Öffentlichkeit zu einem „Elbezentrum Schloss Pretzsch“ entwickeln. Angeboten werden Kulturprogramme, Konzerte, Lesungen und Schlossführungen. Das Schlosscafé „Eberhardine“ lädt zu einem Besuch ein.

Kontakt

Schloss Pretzsch
Schlossbezirk 1
06905 Bad Schmiedeberg / OT Pretzsch
Telefon: 034926 / 563-0
E-Mail: schloss.pretzsch@salus-lsa.de
Internet: www.schloss-pretzsch.de

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