Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
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Im ehemaligen Schweinitzer Schloss soll Kurfürst Friedrich der Weise in der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1517 den Thesenanschlag Martin Luthers in einem dreifachen Traum vorausgesehen haben. So berichtet es ein 1617 anlässlich des 100. Reformationsjubiläums veröffentlichter Einzelblattdruck. Das Schloss, in dem Friedrichs Nachfolger, sein Bruder Johann am 16. August 1532 im Beisein Martin Luthers und Philipp Melanchthons starb, ist nicht mehr vorhanden.
An der Stelle, an der heute das 1668 erbaute Amtshaus steht, befand sich im 16. Jahrhundert ein kurfürstliches Jagdschloss. Kurfürst Johann der Beständige erlitt hier während eines Jagdaufenthaltes einen Schlaganfall und verstarb am 16. August 1532 im Beisein Martin Luthers und Philipp Melanchthons. Auch Johanns Vorgänger, sein Bruder Kurfürst Friedrich der Weise, hielt sich gelegentlich im Schweinitzer Schloss auf, wenngleich das Lochauer Schloss zu seinen bevorzugten Residenzen außerhalb Wittenbergs gehörte.
Mit dem Schweinitzer Schloss verbindet sich die Legende vom „Göttlichen Traum Friedrichs des Weisen“. Überliefert ist dieser auf einem illustrierten Druck, der anlässlich des 100. Reformationsjubiläums 1617 erschien. In Text und Bild schildert das Flugblatt, wie der Kurfürst in der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1517 in einem dreifachen Traum den Thesenanschlag Luthers voraus sah.
Demnach habe ein Mönch damit begonnen, an die Tür der Wittenberger Schlosskirche zu schreiben. Die Buchstaben seien so groß gewesen, dass man sie selbst vom Schweinitzer Schloss aus lesen konnte. Die mächtige Feder reichte bis nach Rom, wo sie zunächst einem Löwen beide Ohren durchbohrte und dann Leo X. so hart gegen die Papstkrone stieß, dass diese zu wackeln begann und vom Kopf zu fallen drohte. Der Kurfürst Friedrich erwachte voller Entsetzen und versuchte den Mönch aufzuhalten, schlief jedoch gleich wieder ein. Der Mönch indes schrieb immer weiter, stach den Löwen und den Papst immerzu, worauf der Löwe so laut brüllte, dass die ganze Stadt Rom und alle Stände des Heiligen Römischen Reiches zusammenliefen. Der Papst forderte die Stände auf, das Treiben des Mönches zu beenden. Im dritten Traum versuchten die Reichsstände schließlich vergeblich, die Feder zu zerbrechen.
Befragt, woher der Mönch die Feder habe, antwortete dieser, sie stamme von einer hundertjährigen Gans – eine Anspielung auf den böhmischen Theologen Jan Hus, dessen Name im Deutschen „Gans“ bedeutet. Hus war 1415 auf dem Konzil von Konstanz hingerichtet worden. Auf dem Scheiterhaufen soll er gerufen haben: „Heute bratet ihr eine Gans, doch in hundert Jahren wird ein Schwan aufstehen.“ Luther bezog diese Vorhersage auf sich und bezeichnete sich später selbst als Schwan.
Luthers Kampf gegen die katholische Kirche wird durch die Traumvision seines Landesherrn legitimiert. Auch die Zukunftsfähigkeit der Reformation wird herausgestellt: Aus der Riesenfeder wachsen kleine Federn, die von Gelehrten aufgesammelt werden, um die lutherische Lehre weiter zu verbreiten.
Dass es sich bei dem Traum Friedrichs in Schweinitz um reine Fiktion handelt, steht außer Frage. Der letzte Glaube an seine Realität ist nicht zuletzt durch die harten Fakten der Geschichtsforschung zunichte gemacht worden, denn der Kurfürst war in der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1517 gar nicht in Schweinitz. Er hielt zu dieser Zeit Hoflager in Altenburg.
Martina Schattkowsky: Der Traum Friedrichs des Weisen am 30. / 31. Oktober 1517, in: Dirk Syndram / Yvonne Fritz / Doreen Zerbe (Hrsg.): Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen (1463–1525). Beiträge zur wissenschaftlichen Tagung vom 4. bis 6. Juli 2014 auf Schloss Hartenfels in Torgau, Dresden 2014, S. 131–138.
Das Amtshaus in Schweinitz ist nicht öffentlich zugänglich.