Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
Wählen Sie auf der Karte einen Ort aus oder Navigieren Sie über die unten stehende Chronologie
Nachdem Martin Luther am 20. Januar 1542 im Naumburger Dom Nikolaus von Amsdorf zum ersten evangelischen Bischof ordiniert hatte, empfing dieser am folgenden Tag im Rathaus die Huldigung des Naumburger Rates und der Bürgergemeinde. Noch am gleichen Tag reiste er gemeinsam mit Luther, Melanchthon und Spalatin nach Zeitz. Hier bezog der neue Bischof seine Residenz im Ende des 15. Jahrhunderts erneuerten Schloss. Am Morgen des 22. Januar hielt Amsdorf im Zeitzer Dom St. Peter und Paul seine Antrittspredigt. Um die Mittagszeit predigte Martin Luther in der Kirche des 1541 auf Geheiß des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich aufgelösten Franziskanerklosters, das nun eine Lateinschule beherbergte.
Die Franziskaner hatten sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts auf Empfehlung des Naumburger Bischofs Engelhard im Süden der mittelalterlichen Stadt niedergelassen und mit dem Bau einer Kirche begonnen. 1517 lebten noch 28 Brüder im Kloster. Der letzte Guardian des Klosters, Johannes Pistor, wird auf seiner Grabinschrift als „Confessor“ – also als „Bekenner“ bezeichnet. Er hatte seinen Glauben gewechselt und wurde der erste evangelische Prediger der Kirche.
Ein besonderes Merkmal der liturgischen Praxis des Franziskanerordens war die Predigt im Freien. Zahlreiche bildliche Darstellungen zeigen den predigenden Franziskus auf hölzernen Predigtstühlen im Außenbereich vor Kirchen, auf Kirchhöfen oder auf öffentlichen Plätzen. Die Nutzung einer Außenkanzel lässt sich auch für Zeitz belegen. An der Nordseite des Kirchenschiffes ist noch heute an einem Strebepfeiler die Türöffnung zu erkennen, durch die der Prediger vom Innenraum der Kirche auf den außen angebrachten Kanzelkorb gelangen konnte. Ob die Kanzel noch vorhanden war, als Luther hier predigte, ist nicht bekannt. Mit Sicherheit lässt sich allerdings sagen, dass sich Luther im Inneren der Kirche an die Gläubigen wandte. Er hielt eine „sehr christliche Predigt von der großen Macht und Kraft Gottes Worts, und daß es niemands nicht hinder konne, getan hat und die Rede auch zu den Händeln gezogen hat“, wie Spalatin in seinen Annales Reformationis berichtet. Während der Predigt war der große und geräumige Kirchenraum „mit Zuhörern völlig angefüllt gewesen, daß wegen Mangel einiges Platzes, sehr viele Bürger und Bauern, auch Leute allerley Standes, darunter auch viele catholische Geistlich gewesen, große Feuer-Leitern an die Kirchen geworfen, u. darauf gestiegen, damit sie Lutherum predigen, oder nur seinen Hall hören konnten.“ So hielt es Johann Christian Grubner in seiner 1756 erschienenen Geschichte des Zeitzer Franziskanerklosters fest. Luthers Predigt habe diesem zufolge eine solche Wirkung entfaltet, dass viele Zeitzer Geistliche die Reinheit des Evangeliums einsahen und vom alten Glauben abfielen.
Nach der Vertreibung von Amsdorf in Folge des Schmalkaldischen Krieges 1547 wurde das Bistum Naumburg-Zeitz wieder katholisch. Unter Bischof Julius von Pflug ließen sich katholische Geistliche in der Kirche begraben. Im 19. Jahrhundert diente die Kirche u. a. als Magazin und zur Unterbringung von Truppen. Schäden im 2. Weltkrieg und insbesondere der Auszug der evangelischen Gemeinde in den 1970er Jahren führten zum Verfall der Kirche, die nach 1990 ein mehreren Abschnitten saniert wurde und heute für kulturelle Veranstaltungen der Stadt Zeitz genutzt wird.
Bericht über Luthers Predigt in der Klosterkirche
Es war auch die Kirchen Reformation, besonders aber diese Begebenheit beträchtlich, daß Lutherus, auf Churfürst Johann Friedrichs Befehl, den großen Gottesgelahrten Edelmann, Lic. Nicolaum von Amsdorff, zum ersten Evangelischen Bischof des Stifts Naumburg, im Jahr 1542 zu Zeitz eingesetzt, […] auch selbst in der Kloster=Kirche der Franciscaner=Kloster daselbst gepredigt hat, bey welcher Predigt die so lange und sehr geraume Kirche mit Zuhörern völlig angefüllt gewesen, daß, wegen Mangel einiges Platzes, sehr viele Bürger und Bauern, auch Leute allerley Standes, darunter viele catholische Geistliche gewesen, große Feuer=Leitern an die Kirche geworfen, u. darauf gestiegen, damit sie Lutherus predigen, oder nur seinen Hall hören konnten. Unter der großen Menge Volckes schliche sich auch unser alter Herr Decanus, nebst vielen anderen auch der berühmte Posauer Mönch, Paul Lange, ein curieuser Mann, in eine Capelle, welche D. Luthern mit anhörten. Solche Predigt that große Würckungen, so, daß die Zeitzischen Canonici die Reinigkeit des Evangelii einsahen; dieser Decanus aber blieb deste eifriger als ein Catholic, da vollends A[nn]o 1546. der evangelisch=lutherische Bischof, Amsdorff, wiederum verjaget, und Julius Pflug mit gewapneter Hand, auf Kayser Carl des V. Befehl, zur Regierung des Stifts Naumburg eingesetzt wurde.
Quelle: Johann Christian Grubner: Historische Nachrichten, von denen Herren Decanis E. Hochwürdigen Capituls zu Zeitz. 1756, S. 20 f.
Roland Pieper / Jürgen Werinhard Einhorn: Franziskaner zwischen Ostsee, Thüringer Wald und Erzgebirge. Bauten – Bilder – Botschaften. Paderborn u. a. 2005, S. 139-142.
Yngve Jan Holland / Andreas Potthoff: Zur Baugeschichte des Franziskanerklosters in Zeitz, in: Historische Bauforschung in Sachsen-Anhalt 6 (2007), S. 179-197.
Achim Todenhöfer: Kirchen der Bettelorden. Die Baukunst der Dominikaner und Franziskaner in Sachsen-Anhalt. Berlin 2010, S. 170-183.
Die Klosterkirche wird für Veranstaltungen genutzt. Eine Besichtigung ist nach vorheriger Anmeldung möglich.
Kontakt:
Tourist-Information Zeitz
Altmarkt 16
06712 Zeitz
Tel.: 03441 / 83291 oder 83292
E-Mail: tourismus@stadt-zeitz.de
Internet: http://www.zeitz.de/de/tourist_information.html