Luther war hier
Von Annaburg bis Zerbst
Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sind unzertrennlich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers verbunden. In Eisleben ist Luther geboren und gestorben. In Mansfeld verbrachte er seine Kindheit. In Wittenberg wirkte er fast 38 Jahre als Bibelprofessor, Prediger und Reformator. Was aber haben Naumburg, Merseburg und Zeitz; Dessau, Zerbst und Wörlitz; Stolberg/Harz, Annaburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nimmt das 500. Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass, um auf all diejenigen Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat, aufgehalten haben soll und mit denen sich Luther-Legenden verbinden.
Diese Internetseite bietet Ihnen Kurzinformationen, Bilder und Quellenzitate zu allen Luther-Orten in Sachsen-Anhalt. Die Kartenfunktion erleichtert die Orientierung. Über die Chronologie lassen sich die Orte von der Geburt bis zum Tode Luthers nachverfolgen und zu einander in Beziehung setzen. Auf diese Weise entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, das dazu einlädt, Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ zu entdecken.
„Luther war hier“ ist ein Kooperationsprojekt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.
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Was uns heute als frühbarocke dreiflüglige Schlossanlage der Herzöge von Sachsen-Zeitz entgegentritt, war ursprünglich eine Bischofsburg, die zu dem 968 von Kaiser Otto I. gegründeten Bistum Naumburg-Zeitz gehörte. Zwar wurde der Bischofsitz 1028 nach Naumburg verlegt, doch diente die Burg bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts als bischöfliche Residenz. Im 30jährigen Krieg wurde sie von schwedischen Truppen belagert und im Dezember 1644 fast vollständig zerstört. Heute erinnert kaum noch etwas an das ursprüngliche Erscheinungsbild, das die Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts vor Augen hatten. Im Schlossmuseum informiert eine ständige Ausstellung über die Zeitzer Bischofsburg.
In der Reformationsgeschichte nimmt Zeitz eine herausragende Stellung ein, denn die Burg und die dazugehörige Stiftskirche waren ab 1542 für gut fünf Jahre Sitz des ersten evangelischen Bischofs. Nikolaus von Amsdorf, ein enger Mitstreiter Luthers, war seit 1524 Pfarrer und Superintendent der Magdeburger Sankt-Ulrich-Kirche. Am 20. Januar 1542 wurde er auf Drängen des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich im Naumburger Dom von Martin Luther zum Bischof ordiniert. Am 21. Januar reiste Amsdorf gemeinsam mit Luther, Melanchthon und Spalatin von Naumburg nach Zeitz, bezog hier seinen künftigen Wohnsitz und hielt am Vormittag des 22. Januar in der Stiftskirche, dem heutigen Dom St. Peter und Paul, seine Antrittspredigt. Am Nachmittag predigte Luther in der Kirche des Franziskanerklosters. Es folgten Gespräche mit den Wittenberger Freunden, die am 23. Januar Zeitz in Richtung Wittenberg verließen.
Damit begann für Amsdorf eine bedrückende und unglückliche Zeit. Er konnte sich nie mit seiner Rolle als Bischof identifizieren, lehnte das höfische Zeremoniell ab und vermochte es nicht, sich gegen den Widerstand des Naumburger Domkapitels durchsetzten. Bereits wenige Tage nach seinem Amtsantritt klagte er Luther in einem Brief sein Leid: „Ach, wäre ich doch in Magdeburg geblieben“. Zeitz erschien Amsdorf als ein vom gesellschaftlichen, kirchlichen und politischen Leben abgeschnittener „Weltwinkel“, ja mithin als Gefängnis und Kerker. Hinzu kamen die schmale Besoldung und die kargen Verhältnisse, in denen er fortan leben musste. Das war selbst Luther aufgefallen, dem die bischöflichen Wohnräume in der Zeitzer Burg offenbar als unwohnlich und wenig freundlich in Erinnerung geblieben waren und der dem Bischof daraufhin einen Maler empfahl, um die Räumlichkeiten eleganter zu gestalten. Luther war sich wohl bewusst, „daß ihr aus einem reichen Priester ein armer Bischof geworden seyd“, wie er Amsdorf am 6. Februar 1542 schrieb.
Angesichts dieser Bedrückungen unternahm es Luther mehrfach, Amsdorf mit seelsorgerischen Briefen über dessen missliche Lage hinweg zu trösten. Eine immer wieder verschobene Reise Luthers nach Zeitz kam endlich im August 1544 zustande. Zu dieser Zeit schmälerten Müdigkeit, Erkrankungen und Unpässlichkeiten bereits die Arbeitskraft und Lebensfreude Luthers. Als er am 27. August 1544 von seinem zehntägigen Aufenthalt aus Zeitz zurückkehrte, schrieb er: „Ich bin itzt heym, komen von Zeitz, so müde des farens, das ich nicht gehen noch stehen kan, schier und auch sitzens vberdrussig, daran ich spüre mein Alter und meins leibes sincken und sencken hinunter vnter der erden. Gott helffe balde mit gnaden. Der halben ich mus still sein vnd rugen, bis es mit mir anders werde, Es sei zum leben oder zum sterben, wie Gott will.“
Luther besuchte Amsdorf im Sommer 1545 ein zweites Mal in Zeitz, um Streitigkeiten zwischen Naumburger Geistlichen zu schlichten. In einem Brief an seine Frau beschwerte er sich über die Zuchtlosigkeit und Undankbarkeit der Wittenberger Bevölkerung. Die Drohung, er wolle nicht nach Wittenberg zurückehren und Katharina möge Haus und Hof verkaufen, zeigte Wirkung. Selbst Kurfürst Johann Friedrich sagte zu, gegen die sittlichen Missstände vorzugehen.
Die Absicht, Luther in Wittenberg zu halten, musste für den Kurfürsten ebenso wichtig sein, wie seine territorialpolitischen Interessen. Die von ihm in diesem Sinne initiierte Einsetzung eines evangelischen Bischofs im Bistum Naumburg-Zeitz schadete dem Ansehen dieses Amtes jedoch erheblich. Das schließliche Scheitern von Amsdorf lässt sich somit nicht nur mit dem Widerstand der Altgläubigen begründen, sondern auch mit den politischen Absichten des Landesfürsten. Als im Sommer 1546 der Schmalkaldische Krieg ausbrach, floh Amsdorf aus Zeitz. Er wirkte danach als Seelsorger und theologischer Berater von Johann Friedrich, der 1547 nicht nur die Kurwürde verloren hatte, sondern auch große Teile seines Landes an die albertinische Linie der Wettiner abtreten musste.
Brief von Martin Luther an seine Frau Katharina von Bora vom 28. Juli 1545
Meiner freundlichen lieben Hausfraw Catharina Luthers von Bore, predigerin, Brawerin, Gertnerin und was sie mehr sein kann.
G[nade]. u[nd]. F[riede]. Liebe Kethe, wie unser Reise ist gangen, wird dir Hans alles wohl sagen; wie wohl ich noch nicht gewiß bin, ob er bey mir bleiben solle, So werdens doch D. Caspar Creutziger und Ferdinandus wohl sagen.
[…] Ich wolts gerne so machen, Das ich nicht durfft wider gen Wittenberg komen. Mein Hertz ist erkaltet, Das ich nicht gern mehr da bin, Wolt auch, das du verkaufftest garten und hufe, haus und hof, So wollt ich m[einem] g[nädigen] herrn das grosse Haus wider schenken, und were dein bestes, Das du dich gen Zulsdorff setzest, weil ich noch lebe, und kunde dir mit dem Solde wol helffen, das gutlin zu bessern. Denn ich hoffe, m[ein] g[nädiger] herr sol mir den sold folgen lassen zum wenigsten ein iar meins letzten lebens. Nach meinem tode werden dich die vier element zu Wittemberg doch nicht wohl leiden. Darumb were es besser bey meinem leben gethan, was denn zu thuen sein wil. Villeicht wird Wittemberg, wie sichs an lesst mit seinem regiment, nicht S. Veits tantz, noch S. Johans tantz, sondern den Bettler tantz oder Belzebubs tantz kriegen, wie sie angefangen, die frawen und iungfrawen zu blossen hinden und forn, und niemand ist, der da straffe oder wehre, und wird Gottes wort da zu gespottet. Nur weg und aus dieser Sodoma. Ist Lecks Bachscheisse, unser ander Rosina, und Deceptor noch nicht eingesetzt, so hilff, was du kannst, Das der bosewicht sich bescheissen musse. Ich hab auff dem Lande mehr gehort, denn ich zu Wittemberg erfare, Darumb ich der Stad mude bin und nicht widerkomen wil, da mir Gott zu helffe.
Ubermorgen werde ich gen Merseburg faren, Denn furst George hat mich seer drumb lassen biten, wil also umb her schweiffen, und ehe das Bettelbrod essen, ehe ich mein arm, alte letzte tage mit dem vnordigen wesen zu Wittemberg martern und verunrugigen wil, mit verlust meiner sauren, theuren erbeit. Magst solchs (wo du wilt) Doctor Pomer und M[agister]. Philipps wissen lassen, vnd ob D. Pomer wolt hiemit Wittemberg von meinen wegen gesegnen. Denn ich kan des Zorns und vnlusts nicht lenger leiden. Hiemit Gott befohlen. Amen. Dinstag Knoblochstag 1545. Martinus LutheR D.
Quelle: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel, 11. Band. Weimar 1948, 148-152.
Johann Georg Walch: D. Martin Luthers sowol in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte und aus der letzten in die erste übersetze Sämtliche Schriften, 21. Theil. Halle 1749, S. 1482.
D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel, Bd. 10. Weimar 1947, S. 642.
Peter Brunner: Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg. Gütersloh 1961.
Rudolf Drößler: Zeitz. Stätte der Reformation, Bd. 1. Vom Beginn der Reformation 1517 bis zum Tod Bischof Philipps 1541. Zeitz 1995.
Rudolf Drößler: Zeitz. Stätte der Reformation, Bd. 2. Vom Tod Bischof Philipps 1541 bis zum Tod Julius von Pflugs 1564. Zeitz 1995.
Reinhard Schmitt: Quellen zur Baugeschichte des Zeitzer Schlosses vom Mittelalter bis in die Zeit unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 10 (2001), S. 181-219.
Öffnungszeiten:
April bis Oktober
Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr
November bis März
Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 16.00 Uhr
Das Museum ist auch an Montagen geöffnet, wenn diese auf einen gesetzlichen Feiertag fallen.
Kontakt:
Museum Schloß Moritzburg
Schloßstraße 6
06712 Zeitz
Tel. (03441) 212546
E-Mail: moritzburg@stadt-zeitz.de
Internet: http://www.zeitz.de/de/schloss_moritzburg1.html